An der Sitzung des Berner Stadtparlaments vom 12.11.2015 zeugten deutliche Voten vom Stadt- und Gemeinderat während rund einer Stunde, dass die Abhängigkeit von Microsoft ein grosses Ärgernis ist. Die Fraktionen GFL/EVP, BDP/CVP, SP, GB/JA, FDP und GLP beauftragen deshalb mit 53 zu 11 Stimmen den Gemeinderat, ein Projekt für eine Ablösungsstrategie von Microsoft-Produkten zu erarbeiten.

Der Gemeinderat hatte eigentlich an der gestrigen Sitzung des Stadtrats die Ausgaben für Microsoft-Lizenzen für die nächsten sechs Jahre verabschieden wollen. Dies lehnte das Stadtparlament jedoch ab und gewährte nur einen Kredit von 2.4 Millionen Franken für die nächsten drei Jahre. Danach soll die Stadtinformatik die Funktionen der heutigen Microsoft-Produkte offen und Hersteller-neutral ausschreiben können, damit auch Open Source Alternativen wie Linux und LibreOffice eine Chance erhalten.

Um dieses ambitionierte Ziel zu erreichen, entschied das Berner Stadtparlament mit der deutlichen Mehrheit von 53 zu 11 Stimmen (bei 3 Enthaltungen), dass der Gemeinderat eine Microsoft-Ablösungsstrategie entwickeln soll. Konkret wurden deshalb beim 6.1 Millionen Franken teuren Projekt Client-Migration Bern (CLIMB) folgende Änderungen vorgenommen:

  • Der Gemeinderat wird beauftragt, bis Ende 2017 zu Handen des Stadtrats eine detaillierte Ablösungsstrategie von Microsoft- und CITRIX-Produkten zu erarbeiten. CLIMB wird abgestimmt auf diese Strategie, die darauf abzielt, bestehende Abhängigkeiten zu reduzieren. Die Ablösungsstrategie wird mittels Pilotprojekten, Prüfung von Alternativen, Entkoppelung von Fachanwendungen, technologischen Anpassungen und Weiterbildungen erarbeitet. Für die Erstellung der Ablösungsstrategie beantragt der Gemeinderat bis Ende Februar 2016 beim Stadtrat einen angemessenen Projektierungskredit.
  • Die Ende 2018 auslaufenden Verträge für die Microsoft-Produkte dürfen nicht automatisch verlängert werden, sondern deren Funktionen müssen per 2019 offen und produktneutral ausgeschrieben werden.
  • Für die anstehende Hardware-Beschaffung im Rahmen von CLIMB müssen Geräte angeschafft werden, die auch ohne Microsoft- und andere proprietäre Produkte genutzt werden können.
  • Grundsätzlich dürfen ab sofort nur noch Plattform-unabhängige Fachanwendungen (bspw. Web-Lösungen) beschafft und eingeführt werden, die auch ohne Microsoft- und andere proprietäre Produkte lauffähig sind.
  • Der FSU ist jährlich über den Fortschritt der Ablösungsstrategie von proprietären Produkten und weiteren damit zusammenhängenden Aktivitäten (Fachapplikationen etc.) Bericht zu erstatten.

Die Swiss Open Systems User Group /ch/open begrüsst das Vorgehen des Berner Stadtrats und ist bereit, die Stadtinformatik bei der Microsoft-Ablösungsstrategie aktiv zu unterstützen. Aktuelle Publikationen der /ch/open zu Open Source Virtual Desktop Integration (VDI) oder der SIK Arbeitsgruppe OSS zur Beschaffung von Open Source Software (in DE, FR und EN) sowie das Dienstleister- und Referenz-Verzeichnis OSS Directory stellen bereits heute praktische Hilfestellungen bei der Einführung von Open Source Lösungen dar.