Volkswagen wird in einem mehrjährigen Großprojekt eine Private Cloud einrichten, deren Apps sich nicht nur wie bei der Konkurrenz von Toyota, Ford, Honda etc. an die Besitzer der Fahrzeuge richtet, beispielsweise dem Infotainment dienen. Vielmehr soll die VW-Cloud auch Software für Abteilungen des Konzerns, der Zulieferer und Händler umfassen. Wer die technische Grundlage dieser Private Cloud liefern darf, war Gegenstand eines Wettbewerbs verschiedener Anbieter. Nach der Vorselektion blieben zwei Anbieter übrig: Red Hat und Mirantis, beide mit Implementierungen von OpenStack, einem Open-Source-Framework für Cloud Computing, insbesondere für Private Clouds.

Allein die Entscheidung für OpenStack war schon ein wichtiger Hinweis auf die IT-Strategie von Volkswagen. „Unsere Software ist zunehmend Open Source, und wir beziehen ein agiles DevOps-Entwicklungsmodell mit ein“, erklärte Mario Müller, Leiter IT Infrastruktur bei Volkswagen. Und in Richtung proprietärer Anbieter stellte der VW-Manager fest: „Kein einzelner proprietärer Anbieter wird langfristig in der Lage sein, mit den Innovationszyklen der Open-Source-Entwicklungsmodells von OpenStack Schritt zu halten.“ (Quelle)

In der Tat gilt VW als ein „Red Hat Shop“. Deswegen hatte Red Hat gute Karten, als es in die Endausscheidung ging. Das Rennen machte aber Mirantis, ein Unternehmen, das im Firmenlogo „Pure Play OpenStack“ nennt, was so viel heißen soll wie: Nur OpenStack und sonst keine Interessen. Das Ergebnis begründet Müller so: „Mirantis wurde gewählt, weil es der einzige reine OpenStack-Anbieter ist und VW in die Lage versetzt, jede beliebige Technologie um OpenStack herum jederzeit zu nehmen. Das heißt, VW möchte um jeden Preis ein Vendor Lock-in vermeiden.“

Das ist nicht nur ein Tadel an Red Hat, sondern vor allem an das Anbieter-Umfeld von OpenStack. Denn hier haben viele Anbieter das Geschäftsmodell, ihre OpenStack-Implementierungen nur in Verbindung mit weiterer eigener Software zu unterstützen oder zu zertifizieren. Im Ergebnis verlangt das von Anwendern weitere Lizenzgebühren oder Supportverträge über den reinen OpenStack-Support hinaus. Dass ein Hersteller nicht geradestehen will für die Macken fremder Software ist eine gern genannte und nachvollziehbare Begründung. Sie dient hier aber nicht nur dazu, das eigene OpenStack-Geschäft voranzutreiben, sondern auch um Extrakasse zu machen.

Das wird in den Hintergrundgesprächen beim OpenStack Summit, der in diesen Tagen im texanischen Austin stattfindet, ein Thema sein: Der Großkonzern VW steht hinter OpenStack, hat sogar angekündigt, mit Intel und Mirantis zusätzliche Open-Stack-Funktionen für das Management hochperformanter Anwendungen entwickeln zu wollen. Aber gleichzeitig zeigt VW allen eine gelbe Karte, die opportunistisch auf Open Source setzen: Open Source, weil die Anwender so wollen, ansonsten Business as usual.

Für OpenStack ist solch ein Anbieterverhalten durchaus gefährlich. Denn der Hauptgrund, warum die Anbieter sich so massiv für OpenStack interessieren, besteht nicht darin, dass dies ein bequemer Weg in die Cloud ist, OpenStack gilt als komplex. Vielmehr erhoffen sich die Anwender vom Open-Source-Ansatz bei OpenStack technische Vorteile bei der Nutzung von offenen Schnittstellen und höhere Flexibilität für künftige Entwicklungen durch offenen Quellcode. Vor allem aber wollen sie keine Herstellerbindung, kein Vendor Lock-in, das in der Public Cloud fast unumgänglich ist.

*Ludger Schmitz ist freiberuflicher Journalist in Kelheim.