Die US-Regierung hat wahr gemacht, was Tony Scott, ihr Chief Information Officer, im März in einem Blog zunächst zur Diskussion gestellt hatte: Scott hat auf dem Blog des Weißen Hauses auf eine neue Bundesrichtlinie hingewiesen, die Regeln für Software aufstellt, die für Bundesbehörden intern oder von beauftragten Firmen entwickelt wird. Nicht davon betroffen ist also frei am Markt erhältliche Software. Die Vorgabe ist zunächst für drei Jahre in Kraft. Sie soll zu signifikanten Einsparungen, Synergieeffekten und mehr Innovation in der IT der Bundesadministration führen.

Bundesbehörden müssen vor einer Softwarebeschaffung zunächst prüfen, ob vergleichbare Programme in anderen Behörden schon vorhanden oder in Entwicklung sind. In und für US-Bundesbehörden eigens entwickelte Software muss wiederum anderen Behörden zur Verfügung gestellt werden. Damit das überhaupt möglich ist, müssen die Anwendungen unter einer entsprechenden Lizenz stehen und in einem Repository für andere Interessenten erscheinen.

Die Richtlinie schreibt vor, dass mindestens 20 Prozent des Codes frei verfügbar gemacht werden, was Bedenken berücksichtigt, dass bestimmte Software der Geheimhaltung unterliegen sollte. Generell aber sind Bundesbehörden gehalten, analog zu den Methoden der Open-Source-Entwicklung grundsätzlich ihre Softwareprojekte vorzustellen und minimal zu halten, um Erweiterungen und Wiederverwendung durch andere Behörden zu vereinfachen, sowie die Öffentlichkeit einzubeziehen.

Einige Details sind noch zu klären oder einzurichten. Das Software-Repository wird auf der Website code.gov eingerichtet. Diese soll auch Tools, Schemata, Best Practices, eine Möglichkeit zum Erfahrungsaustausch und Lizenzvorschläge anbieten. Es gibt also bisher keine Festlegung auf bestimmte Lizenzen. Ferner wird noch zu definieren sein, welche Software als sicherheitsrelevant der Geheimhaltung unterliegt. Auch sollen noch Metriken erstellt werden, um die Auswirkungen der neuen IT-politischen Orientierung zu messen.

Die neue Bundesrichtlinie ist vorläufiger Höhepunkt einer unter dem Titel „21st Century Digital Government“ zunehmend auf Open Source ausgerichteten IT-Strategie der US-Regierung unter Präsident Barack Obama. Sie hat ihren Niederschlag darin gefunden, dass die Petitionsplattform „We the People“, die international beachtete Open-Data-Plattform „data.gov“ und die Verwaltung für Kriegsveteranen „vets.gov“ weitgehend auf Open-Source-Basis stehen. Das US-Verteidigungsministerium hat 2009 in einem Memorandum die Vorteile von Open Source hervorgehoben und zur Förderung das Dachprojekt „Military Open Source Software“ gegründet. Das Bildungsministerium stellt unter der Website „College Scorecard“ Open-Source-Software für Bildungseinrichtungen und Schüler/Studenten zur Verfügung. 18F, ein Dienstleistungsbüro in der Bundesverwaltung, und das Consumer Financial Protection Bureau (CFPB) stellen ebenfalls Open-Source-basierende Software zur Verfügung und propagieren deren Anwendung in der öffentlichen Verwaltung.

Auch die deutsche Bundesregierung will ihre IT-Politik… ach ne, der Satz fängt schon völlig falsch an.

*Ludger Schmitz ist freiberuflicher Journalist in Kelheim