Toyota hat Tausende Patente für die Brennstoffzellen-Technologie freigegeben. Das ist Ergebnis der Einsicht, dass auch mächtige Firmen manche Aufgaben nicht allein stemmen können. Gemeinsame Entwicklung macht stark – wie bei der Software.

Von Ludger Schmitz*Toyota hat nicht etwa auf Patente verzichtet, sondern in 5680 Fällen ihre kostenlose Nutzung gestattet. Das soll während der Einführungszeit des Wasserstoff-betriebenen Modells „Mirai“ bis Ende 2020 gelten, dürfte sich faktisch aber kaum rückgängig machen lassen. 1970 dieser Patente betreffen die Brennstoffzellen, 290 die Wasserstofftanks. Unlimitiert ist die kostenlose Nutzung von 170 Patenten für Tankstationen.„Spiegel Online“ hat sofort „das Haar in der Suppe“ gefunden: „Was auf den ersten Blick nach einer großzügigen Geste aussieht, hat Kalkül. (…) Durch das Freigeben der Patente besteht zumindest die Chance, dass andere Hersteller auch auf die Technologie umsteigen und sich Kosten … teilen lassen.“ Es gehe darum, „einem Markt einen Schub zu geben“, um dem „Nischendasein“ zu entkommen.

Der Autor hat übersehen, dass alle Autohersteller, die an Wasserstoffantrieben arbeiten, in unterschiedlichen Bündnissen miteinander kooperieren. Mit Toyota ist BMW bei diesen Motoren in einer Entwicklungspartnerschaft; Toyota geht jetzt mit zunächst einigen Hundert Mirai den Markt an. Mercedes-Benz ist im Bündnis mit Ford und Renault-Nissan, um 2017 den ersten serienreifen Wagen vorzustellen. Im Volkswagen-Konzern arbeiten Audi (Modell A7 h-tron) und VW (Projekt HY Motion) zusammen. Honda will 2016 mit dem Kürzel FCV das erste Wasserstoff-Auto bringen.

Praktisch alle diese Hersteller haben die extrem hohen Entwicklungskosten der Wasserstoffantriebe beklagt, obwohl sie riesige Unternehmen mit gewaltigen Etats für Forschung und Entwicklung sind. Natürlich dient jede Form von Zusammenarbeit dem Ziel, Kosten zu sparen. Dass auch reiche und marktpolitisch sehr gewichtige Hersteller zusammenarbeiten, zeigt nicht so sehr ihre Grenzen auf. Vielmehr greift auch der Ansatz Raum, dass es ökonomischer Unsinn ist, das Rad vielfach neu zu erfinden. Sinnvoller ist es, eine neue Technologie erst einmal gemeinsam marktreif zu machen.

In diesem Licht ist Toyotas Patentfreigabe zu sehen. Sie ist ein Schritt, aus dem sich vielleicht, jedenfalls sehr viel einfacher, technische Standards entwickeln könnten. Standards sind auch nicht zukunftsverhindernd, siehe USB oder WLAN 802.11 oder ODF oder… Die Toyota-Aktion und die Partnerschaften sind aber noch lange nicht mit Open Source zu vergleichen. Am auffälligsten ist, das es hier um kollaborative Entwicklung geht, deren Ergebnisse auf einen exklusiven Kreis beschränkt bleiben. Da ist nichts mit Community oder Open Source, etwa in Form von frei nutzbaren CAD-Daten.

Aber es sind Schritte einer Branche, in der die NIH-Grenzen („not invented here“) traditionsreich und verankert sind. Vielleicht haben die ersten Autobauer ja aus einer Initiative gelernt: Bei der Linux Foundation gibt es eine Workgroup Automotive Grade Linux. Hier ging es zuerst nur um Linux für das Car-Entertainment, inzwischen auch um Fahrzeug-Vernetzung etc. Dabei sind die Automobilhersteller Hyundai, Jaguar Land Rover, Nissan und Toyota sowie der Elektronik-Bereich von Mitsubishi. Aus der Unterhaltungselektronik unter anderem Hitachi, JVC Kenwood, LG und Panasonic vertreten. Und aus der IT sind zum Beispiel Fujitsu, Intel, NEC, NTT Data, NVIDIA, Samsung, und Texas Instrument Mitglieder.

*Ludger Schmitz ist freiberuflicher Journalist in Kelheim.