Foto: Facebook

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Linux-Desktop sind kein Traum, sondern gibt es in der realen Welt. Den größeren Erfolg hat allerdings ein Teil der Geschichte von Open Source am Arbeitsplatz-PC : Libre Office.

Von Ludger Schmitz*

Doch, doch, Linux-Desktops gibt es noch. Nicht nur in München, in etlichen anderen Städten und in Firmen. Aber die großen Erfolgsgeschichten sind das nicht mehr. Wenn man heute darüber liest und schreibt, geht es eher um Versuche, diese durchaus erfolgreichen Projekte wieder abzuwürgen und zu Windows zurückzukehren – jedenfalls hierzulande. Man muss schon über die Grenzen schauen, um zu bemerken, dass sich die Welt nicht rückwärts dreht.

In Italien hat gerade die Militärverwaltung beschlossen, 150.000 PC von MS Office auf LibreOffice umzustellen. Dazu hat das Militär einen Vertrag mit LibreItalia abgeschlossen. Diese Organisation wird die IT-Ausbilder in der Militärverwaltung schulen, wobei die Ausbildungsprogramme unter der Creative-Commons-Lizenz veröffentlicht werden. Im Oktober beginnt das Projekt, und es soll bis Ende 2016 abgeschlossen sein.

Aus Italien sind noch mehr Meldungen über solche Großprojekte zu erwarten. Denn der Hintergrund der Migration zu LibreOffice ist hier die gesetzliche Vorschrift, proprietäre Lösungen durch Open-Source-Software zu ersetzen. Ausnahmen gibt es nur für den Fall, wo sich das Fehlen einer quelloffenen Alternative ohne gravierende Leistungsdefizite nachweisen lässt.

Auch ohne derart rigorose Vorschriften gibt es auch in Frankreich massiven Rückenwind für LibreOffice. Hier ersetzt es MS Office im Bereich des Innenministeriums auf 240.000 PCs. Der entscheidende Punkt für LibreOffice ist hier sein Standard-Dokumentenformat Open Document Format (ODF). Microsofts Gegenentwurf OOXML ist zwar auch im Rang eines internationalen Standards, aber den kriegt der Konzern aus Redmond nicht einmal selbst anständig implementiert.

Das Open Document Format ist auch der Hintergrund einer Umstellungswelle in der britischen öffentlichen Verwaltung. Vor etwas mehr als einem Jahr hat die britische Regierung ODF für den Dokumentenaustausch vorgeschrieben. Das zwingt eigentlich seither zur Migration auf LibreOffice oder OpenOffice, entwickelte sich aber zäh. Doch jetzt hat die Regierung Leitlinien und Empfehlungen veröffentlicht. Sie setzt damit die Behörden unter Handlungsdruck.

Den braucht es offenbar, denn das Beharrungsvermögen des vermeintlichen Standards MS Office ist beträchtlich, selbst auf Ebene der Europäischen Union. Die Kampagne „FixMyDocument“ besteht seit einem Jahr und hat seither von mehr als 600 Organisationen und Einzelpersonen Hinweise auf proprietäre Formate in EU-Dokumenten erhalten. In mehr als 100 Fällen musste die Initiative auf Dokumente hinweisen, die ausschließlich in proprietären Formaten vorliegen. Und daran hat sich bis heute nur in zehn Prozent der Fälle etwas geändert.

Ein trostloser Befund? Keineswegs. Man darf nicht übersehen, dass auch in der Verwaltung der EU, in der Europäischen Kommission die heute klare Open-Source-Orientierung noch nicht alt ist. Es braucht immer einige Jahre, bis sich pragmatische Entscheidungen in der Realität niederschlagen. Eine anfangs langsame Bewegung bedeutet nicht, dass die Welt sich demnächst rückwärts dreht, sondern eher dass die zu bewegende Masse groß ist.

*Ludger Schmitz ist freiberuflicher Journalist in Kelheim.