Der IT-Journalist Dan Gilmor hat seine private IT-Geschichte Revue passieren lassen, eine Abfolge von Lektionen, die ihn gelehrt haben, besser auf die Community zu bauen als auf Companies.

Von Ludger Schmitz*

Dan Gilmore verwendet auf seinen Arbeitsgeräten freie und Open-Source-Software. Das war nicht immer so, schließlich ist der IT-Journalist schon etliche Jahre in der Branche. Die aufschlussreiche Geschichte, wie und warum er zu Open Source kam, hat er kürzlich geschrieben.Sie beginnt mit Apple, aber mit deren Niedergang landet Gilmore erwartungsgemäß bei Microsoft. Das wird nie eine gute Beziehung. Denn Gilmore ist es zuwider, wie der Konzern seine Macht nutzt, um Wettbewerb fernzuhalten und den IT-Markt zu kontrollieren. Ziemlich früh steigt er deshalb wieder auf Apple um. Das geht auch nicht lange gut, denn Gilmor missfällt hier eine andere Art, Freiheit einzuschränken: Mit Steve Jobs Charakter wird auch die Firma „control-freakish“. Während um ihn herum finden seine Kollegen Apple „in“ finden, steigt Gilmor wieder aus. Vor drei Jahren installiert er Ubuntu auf seinem Lenovo-Notebook.

Ähnlich läuft es bei ihm mit den Handys, später Smartphones. Das iPhone hält er immer noch für die beste Kombination von Hard- und Software, den Anbieter für den schlechtesten. Android ist auch keine ernsthafte Alternative, denn auch Google hat ihm zu sehr Marktmacht und Kontrolle im Sinn. So kommt er darauf, auf seinem Smartphone Cyanogenmod zu installieren, eine freie Variante von Android.

Solche verschlungenen und steinigen Wege in der Nutzung von privater IT haben viele gemacht, erst recht IT-Journalisten, die technisch interessiert und für Neuheiten gerne zu haben sind. Alle sie teilen mit Dan Gilmor eine Reihe von Erfahrungen, die es nicht gerade gebraucht hätte. Tage und Wochen des Kampfes mit neuen Systemen sind nicht vergessen. Freude darüber, dass dies oder jenes schließlich viel besser funktioniert, und Frust, dass dies oder jenes mit dem neuen System einfach nicht geht. Ganz zu schweigen vom Ärger darüber, manches Mal wohl nur Moden oder der PR von Herstellern erlegen gewesen zu sein.

Gilmore ist keiner dieser Ami-Journalisten, über die ihre europäischen Kollegen gerne lästern: Apple-Notebook bei Microsoft-Pressekonferenzen auf den Knien, aber Fragen zur „freedom of users“ auf den Lippen. Gilmore macht ernst: Tu das, woran du glaubst. „I now believe it’s essential to embed my instincts and values, to a greater and greater extent, in the technology I use.“

Dafür nimmt er auch in Kauf, dass es unter Linux einige Anwendungen einfach nicht gibt, die für ihn von großen Nutzen wären. Der Verzicht muss ihm schwerfallen, denn als Journalist hat er mehrere Kanäle zu bedienen, und die besten Anwendungen dafür gibt es nicht alle unter Linux.

An Gilmor beeindruckt, dass er Schwierigkeiten und Umwege in Kauf nimmt. Er verzichtet, weil es ihm wichtig ist, nicht dem Diktat von Herstellern ausgeliefert zu sein. Da nimmt er lieber in Kauf, dass die Community sich bei ihren Entwicklungen nicht gerade von den Bedürfnissen der Minderheit Journalist lenken lässt. Ohne das Engagement von Zigtausenden gäbe es kein Google, kein Android – und erst recht nicht, die Alternativen zu den neuen Größen der IT.

In der Tat lässt sich natürlich nicht alles, aber das meiste mit Open Source machen. So geschätzte 80 bis 90 Prozent seiner Arbeit macht der Autor dieses Blogs mit Open-Source-Software. Das war vor wenigen Jahren noch deutlich weniger, weshalb davon auszugehen ist, dass es noch weniger werden. Denn das wäre schon was, wenn auf der diversen Hardware hier nicht mehr diverse Systeme laufen, sondern eins, das nicht von Hersteller X oder Y abhängig ist. Man man nicht altruistisch sein, um sich für Open Source zu engagieren. Eigeninteresse tut’s auch.

*Ludger Schmitz ist freiberuflicher Journalist in Kelheim.