Bundesbildungsministerin Johanna Wanka hat Anfang Oktober den DigitalPakt#D angekündigt. In dessen Rahmen will der Bund Schulen, darunter auch Privat- und Berufsschulen, bis 2021 mit fünf Milliarden Euro fördern. Die Schulträger sollen damit Breitbandanschlüsse, WLAN-Netze und Endgeräte finanzieren. Die Länder behalten die Hoheit über die Schulen. Sie sind für pädagogische Konzepte, Ausbildung der Lehrer und technische Standards zuständig.

Das Angebot kam den Ländern offenbar gelegen, ernsthafte Kritik war nicht zu vernehmen. Vehementer war die Kritik aus Literatenkreisen und vom Lehrerverband, die um das Buch als Bildungs- und Kulturträger fürchten. Und manche Elternkreise fanden eine Renovierung der Toiletten wichtiger. Offenbar ist bei einigen noch nicht angekommen, dass erstens (alter Spruch:) Kinder und Jugendliche auf den Schulen für das Leben lernen sollen und zweitens (neue Erkenntnis:) sich deren Leben in einer von IT durchdrungenen Gesellschaft abspielen wird.

Der wirkliche Knackpunkt ist, was und wie die Schüler mit der IT lernen sollen, und das obliegt den Ländern. In der bisherigen Realität des IT-Unterrichts lernen die Schüler meistens an Geräten, zu deren Grundausstattung das Office-Paket von Microsoft gehört. „Von der Pike auf“ heißt hier von MS Word über Excel und Powerpoint bis zu Access und Outlook. Zur Begründung dafür heißt es gern, das Microsoft-Paket sei in der Wirtschaft Standard, dessen Beherrschung am künftigen Arbeitsplatz unverzichtbar sei. Aber hallo, ich kann mir nicht vorstellen, dass ein LibreOffice-Anwender vor einem MS-Office-PC steht wie ein Ochs vorm Berg.

Wichtiger ist vielmehr, dass der Bildungsauftrag in den Gesetzen aller Bundesländer darauf hinausläuft, dass Bildung frei sein muss. Das heißt, dass Bildung nicht herstellerbezogen sein darf. Die Schüler müssten entsprechend mit freien Lösungen lernen.

Und sie müssen mit kostenlosen Lösungen lernen können. Dass Argument, dass Schulen und Schüler proprietäre Software zu Super-Duper-Preisen kaufen können, geht an der Realität vorbei. Denn der Unterricht hat täglich eine Verlängerung in Form der Hausaufgaben. Nicht nur Migranten, sondern auch den zahllosen sozialschwachen Familien ist es nicht zuzumuten, dass sie für zuhause noch irgendwelche Software kaufen müssen.

Bitten und Initiativen der Eltern werden nicht viel bringen. Eltern sind der schwächste Faktor bei der Ausrichtung der Bildung. Andererseits sind Schulträger und Bildungsbehörden der am stärksten konservative Faktor. Alle Fälle, wo Schulen mit Open Source arbeiten, gehen auf die Initiative von Lehrern zurück. Es würde der Open-Source-Bewegung gut anstehen, diese engagierten Lehrkräfte zu unterstützten und weitere aufzuklären. Sonst wird der DigitalPakt#D zu kurz greifen, nämlich nur ein Konjunkturprogramm für Hardware- und Softwarehersteller sowie einige IT-Dienstleister werden.

*Ludger Schmitz ist freiberuflicher Journalist in Kelheim.