Vergangene Woche hat sich die große Koalition auf die Stärkung der digitalen Bildung und die Förderung der Medienkompetenz verständigt. Wir – die Arbeitsgruppe Bildung “WG Education” der Open Source Business Alliance finden das großartig!

von Tina Buhr*

Seit über drei Jahren diskutieren wir in einer großen und kompetenzmäßig breit aufgestellten Runde, wie das auch praktisch gelingen kann. Dazu arbeitet die Working Group eng mit Behörden, Organisationen, Content- und Technologielieferanten zusammen. Aus unserer Arbeit heraus ist der Referenzrahmen für eine moderne Bildungscloud entstanden, zu dessen Inhalten wir uns in der Vergangenheit bereits mehrfach mit verschiedenen parteipolitischen Gremien auf Landes- und Bundesebene ausgetauscht und Empfehlungen zur Konzeption, Finanzierung und Betrieb einer innovativen it-gestützten Bildungslandschaft ausgesprochen haben. Wir stehen im Kern für Bildung als freies Gut auf Basis offener Systeme und Standards.

Unsere Bundesregierung plant nun zunächst den wichtigen infrastrukturellen Schritt, Bildungseinrichtungen mit schnellen Internetleitungen und Servern auszurüsten. Ein bisschen rächt sich bei diesem Vorhaben die deutsche Digitalpolitik der letzten 15 Jahre, die aktuell eine mangelhafte Glasfaser-Infrastruktur, im europäischen Vergleich sehr teure mobile Datennutzung und eine starke Fokussierung auf das Leistungsschutzrecht als Status Quo verzeichnen muss. Auf diesem Nährboden ist die schnelle Netz-Anbindung der Schulen und Hochschulen ein ehrgeiziges Ziel. Allein die Umsetzung dieser Grundvoraussetzung wird an vielen Stellen Energie freisetzen für innovative digitale didaktische Ansätze und viel intrinsische Motivation bei dem hierfür engagierten Teil der Lehrerschaft erzeugen. Die aktuelle Situation an den Schulen ist häufig so, dass interessierte Lehrer in Absprache ein Teil des Deputats für die Pflege und den Ausbau der IT-Infrastruktur verwenden dürfen. Die Überführung in eine standardisierte, professionalisierte IT-Wartung und Weiterentwicklung, so wie es jedes Unternehmen aufweist, das eine vergleichbare hohe Zahl an Nutzern hat, wie die Schule Schüler, ist ein wichtiger Meilenstein.

Wie bei jeder Tranformation gibt es immer zahlreiche Kritiker, die sich vermeintlich dem Fortschritt in den Weg stellen wollen, aber eben vor allem gute und wichtige Fragen stellen. Diesen Reibungsprozess, den wir auch bei der Debatte mit den politischen Amtsträgern erfahren haben, hat mittlerweile zum Konsens geführt, dass es bei der Digitalisierung der Bildung eben genau nicht um das Ersetzen des Lehrkörpers durch die Technik geht. So war auch die Diskussion in den vergangenen Jahren häufig geprägt von der aus unserer Sicht eher zweitrangigen Frage der Endgeräte. Mit dem umstrittenen Ansatz des BYOD ist die Frage der Art und Verfügbarkeit von Devices zwar nicht vom Tisch, jedoch hat diese Diskussion die Refokussierung auf Inhalte und Konzepte der Digitalisierung der Bildung ermöglicht.
Denn eines ist klar:
Sowohl Schüler als auch Lehrer haben heute bereits
A.) Zugang zum Internet und
B.) genügend Engeräte um diesen Zugang zu nutzen.

Nur eben nicht am Vormittag in der Schule, sondern nachmittags zu Hause. Genau diese Möglichkeit kann schon heute für die Veränderung des Lernens genutzt werden. Beispielsweise bei it-unterstützten Hausaufgaben, die den Vorteil bieten, sofort Feedback zu erhalten und bei Bedarf bzw. auf Anfrage weiterführende Informationen für den Lernenden bereitzustellen.

Ein Thema, dass wir zukünftig verstärkt in die Diskussion einbringen werden, ist die digitale Bildungsentwicklung altersabhängig zu gestalten. Kinder im Kindergarten und in der Vorschulphase sind in ihrem Lernverhalten stark von der Nachahmung geprägt. Dieser neurologischen Entwicklung kann die Digitalisierung des kindlichen Alltags nur wenig auf die Sprünge helfen. Ein sinnvoll begleitender Prozess der schrittweisen Einführung neuer digitaler Didaktiken bis hin zu späteren Flipped-Classroom-Konzepten in den Mittel-, Oberstufen und universitären Lernumfeldern schafft hingegen hohe Lern- und Leistungsmotivation.

Die Basis aller Bemühungen sollte jedoch sein, unsere Bildung auf freie, offenen Lehr- und Lernmittel (Open Educational Resources) sowie freien Lizenzen und Formate zu stützen. Die Open Source Business Alliance tritt dabei auchfür offene Endgeräte- und Herstellerneutrale Bildungsplattformentwicklung ein. Dass die Bundesregierung Haushaltsmittel von “mindestens zwei Millionen Euro” eingeplant hat, zeigt, dass dies nicht zum Selbstkostenpreis machbar ist. Wir von der WG Education werden in Kürze die Neufassung unseres Referenzrahmens vorstellen, im dem Sie unser Empfehlung einer modernen Bildungscloud in Gänze nachvollziehen können.

– ein Blogbeitrag von Tina Buhr* (STRUKTUR AG | www.Spreed.ME) stelv. Sprecherin WG Education