Im Koalitionsvertrag hatte die Regierung angekündigt, Open Source und digitale Souveränität auch finanziell unterstützen zu wollen. Dennoch hatte es lange so ausgesehen, dass dieses Versprechen nicht erfüllt werden würde, weil die Finanzierung für wichtige Vorhaben ungewiss war. Im Laufe des Haushaltsprozesses haben viele Stimmen aus der Wirtschaft und Zivilgesellschaft wiederholt darauf hingewiesen, dass digitale Souveränität und Open Source kein „Nice to have“ sind, sondern unbedingt auch mit Haushaltsgeldern gestärkt und voran gebracht werden müssen.

In der Nacht zum 20. Mai haben sich die Bundestagsfraktionen in der finalen Bereinigungssitzung nun doch darauf geeinigt, die ursprünglich geplanten Gelder um 37,5 Millionen Euro aufzustocken, womit insgesamt rund 51 Millionen Euro für die Stärkung von Open Source und damit für die digitale Souveränität in Deutschland und Europa zur Verfügung stehen.

Die wichtigsten Vorhaben im Überblick:

Zentrum für digitale Souveränität (ZenDiS)

Das Zentrum für digitale Souveränität soll eine Schnittstelle zwischen der öffentlichen Verwaltung und dem Open-Source-Ökosystem darstellen und dafür sorgen, dass mehr Open Source Lösungen in den Verwaltungen etabliert werden. 8,3 Millionen Euro werden für den Aufbau des Zentrums bereitgestellt, was ein entscheidender Schritt für die digitale Souveränität in Deutschland und Europa bedeutet.

Das Projekt „Open CoDe“

Die Open-Source-Plattform „Open CoDe“ ermöglicht Bund, Ländern und Kommunen, den Quellcode ihrer Software-Projekte abzulegen, zu teilen und weiterzuentwickeln. Für das von Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen und dem Bund initiierte Projekt sollen 713.000 Euro bereitgestellt werden.

Souveräner Arbeitsplatz

Der souveräne Arbeitsplatz soll der Verwaltung helfen, von proprietären Anbietern unabhängig zu werden, indem Open-Source-Lösungen für Arbeitsplätze wie etwa Bürosoftware, Kollaborations- und Videokonferenztools und Verwaltungssoftware angeboten werden. Das Projekt ist Teil der von Bund und Ländern verabschiedeten „Strategie zur Stärkung der Digitalen Souveränität“ und wird 32 Millionen Euro erhalten.

Sovereign Tech Fund

Der Sovereign Tech Fund soll die Entwicklung von Open Source Software unterstützen, indem häufig unterfinanzierte Open-Source-Projekte und -Communities finanziell gestärkt werden. Als Anschubfinanzierung werden dem Sovereign Tech Fund für 2022 3,5 Millionen Euro und für die Folgejahre weitere 3,5 Millionen Euro bereit gestellt.

Insbesondere mit dem Start des Zentrums für digitale Souveränität (ZenDiS) und der Finanzierung für den souveränen Arbeitsplatz für die Verwaltung hat die Bundesregierung ein wichtiges Signal gesetzt, dass die Ablösung von alten Abhängigkeiten Priorität hat und die Verwaltungsdigitalisierung auf stabile, resiliente und souveräne Füße gestellt werden soll. Mit dem souveränen Arbeitsplatz ist auch der Startschuss für die Bundesländer gegeben, die schon länger darauf warten, dieses Projekt gemeinsam mit dem Bund voranzutreiben. Die Bundesregierung hat somit ihr Versprechen gehalten, Open Source und digitale Souveränität zu stärken, was wir ausdrücklich begrüßen.

Peter Ganten, Vorstandsvorsitzender der OSB Alliance:
„Eine resiliente und innovationsfähige Gesellschaft kann es nur mit einem hohen Grad digitaler Souveränität in Zivilgesellschaft, Staat und Wirtschaft geben. Das hat die Regierungskoalition erkannt und in der Koalitionsvereinbarung wichtige Grundsätze zur Verbesserung digitaler Souveränität festgelegt. Trotz der auch durch den schrecklichen Angriffskrieg in der Ukraine noch einmal dringlicher gewordenen dazu umzusetzenden Maßnahmen fehlte eine entsprechende Finanzierung zu unserer großen Enttäuschung in den bisherigen Haushaltsentwürfen. Es ist nun äußerst erfreulich, dass dies in der finalen Bereinigungssitzung durch einen Antrag der Regierungskoalition korrigiert und mit dem Zentrum für digitale Souveränität, dem souveränen Verwaltungsarbeitsplatz, dem Sovereign Tech Fund sowie dem Open Source Code Repository „Open CoDe“ für die öffentliche Verwaltung die ganz zentralen Maßnahmen endlich auf den Weg gebracht werden können.“