Die Aktivitäten eines Projekts bei Github. Bild: Github

Die Aktivitäten eines Projekts bei Github. Bild: Github

Es haben sich zwei Plattformen herausgebildet, auf denen die meisten Open-Source-Projekte stattfinden. Dies hat Konsequenzen für die Arbeit in Firmen und das Open-Source-Business. (Von Ludger Schmitz*)

Open-Source-Projekte brauchen eine Plattform, die es ihnen ermöglicht, Code-Teile aus Programmen herauszunehmen (Branching), zu überarbeiten und die neue Version oder andere Erweiterungen mit dem Ausgangsprogramm zu vereinen (Merging). Die so entstehenden Versionen müssen sich verwalten, freigeben und schließlich in die Produktion überführen lassen.

Dafür gibt es einige Lösungen, von denen sich aber einige auf eine begrenzte Umgebung beziehen. Codeplex dient zum Beispiel den Open-Source-Projekten von Microsoft. Launchpad ist eine Plattform von Canonical für Ubuntu. Auf GNU Savannah müssen die Projekte eine von der Free Software Foundation zugelassene Lizenz haben. Die größte Verbreitung haben zwei andere Collaboration-Plattformen, nämlich Git und Github. Dabei sind beide noch recht jung.

Vor gut zwölf Jahren bot sich noch ein völlig anderes Bild

Die führenden Namen waren Bitkeeper und Sourceforge. Auf dem proprietären Bitkeeper fand die Versionsverwaltung des Linux-Kernels und vieler weiterer Open-Source-Projekte statt. Dem folgten andere Open-Source-Projekte wie Gimp. Als Bitkeeper 2005 plötzlich Nutzungsgebühren verlangte, programmierte Linus Torvalds Git. Inzwischen spielt Bitkeeper keine Rolle mehr, auch wenn es seit kurzem selbst Open Source ist.

Aus dem Bitkeeper-Fehler nichts gelernt haben die Betreiber der zweiten wichtigen Plattform, Sourceforce, einst quasi der Standard zum Download von Open-Source-Programmen. Die Betreiber wurden erwischt, seit 2013 den Programmen durch „Drive-by-Installer“ Adware hinzuzufügen oder Dateien verändert zu haben. Das hat der Reputation von Sourceforge enorm geschadet. Open-Source-Projekte wie Gimp, nmap oder VLC Media Player sind abgewandert.

Git als Quasistandard für die Versionsverwaltung

Git ist, nachdem inzwischen auch Alternativen wie Freecode und Google Code abgeschaltet sind, der neue Quasistandard für die Versionsverwaltung von Open-Source-Projekten. Mit Git findet nicht nur die Entwicklung des Linux-Kernels statt. Es wird unter anderem auch genutzt für Android, Debian, Drupal, Eclipse, Fedora, FlightGear, Gnome, Joomla, KDE, LibreOffice, Linux Mint, node.js, Perl 5, PHP, PostgreSQL, Ruby on Rails, Samba, Typo3, VLC Media Player und Wine.

Manche dieser Projekte nutzen gleichzeitig Github. Das ist nicht etwa eine Spiegelung der Projekte, sondern hat einen einfachen Grund: Bei Git arbeiten die Nutzer mit der Kommandozeile. Github aber hat unter anderem eine grafische Benutzeroberfläche. Der Kern von Github ist Git, das ganze Drumherum ist von der Github Inc. Entsprechend ist hier nur der Kern Open Source.

Github erschien nach einjähriger Vorbereitung im Februar 2008 als Online-Hosting auf dem Markt und hat seither einen bemerkenswerten Aufschwung geschafft. 2010 wurde die Marke von einer Millionen Repositories erreicht; ein Jahr darauf waren es doppelt so viele. Noch ein Jahr später ließ Github nach Zahl der Commits Sourceforge und Google Code hinter sich. Nach neuesten Zahlen zählt das Projekt jetzt 36 Millionen Projekte mit 16 Millionen Entwicklern.

Aus den Fehlern anderer lernen

Die Erfahrungen mit Bitkeeper und Sourceforge sitzen bei Github offenbar tief. So beeilte sich Kakul Srivastava, Vice President Product Management bei Github, im Gespräch mit dem Autor festzustellen:

„Wir werden niemals dem Code der Projekte irgendetwas hinzufügen. Wir werden kein Geld mit der Open-Source-Seite unserer Aktivitäten machen.“

Open-Source-Projekte werden bei Github kostenlos gehostet – faktisch läuft das bei Rackspace. Geld verdient das Unternehmen mit dem Hosting von Projekten, die nicht Open Source sein müssen.

Dafür gibt es drei Modelle:

  1. In der Variante „Personal“ (7 Dollar pro Monat) kann man eigene Projekte starten und dazu andere Entwickler einladen. Für Studenten ist dieser Zugang kostenlos.
  2. Die Variante „Organization“ (9 Dollar pro Monat) bietet gleich beliebig vielen Entwicklern einer Firma Zugang und außerdem einige Tools zur besseren Administration der Teamarbeit.
  3. In der „Enterprise“-Variante (21 Dollar pro Monat) erhalten Unternehmen die Software plus weiterer Tools, um sie im eigenen Rechenzentrum zu betreiben.

Das Business-Modell scheint zu funktionieren
„Wir verbrennen kein Geld“, erklärt Github-Managerin Srivastava. Github hat bisher in zwei Runden insgesamt 350 Millionen Dollar Risikokapital erhalten. Srivastava: „Das Funding hatte nicht das Ziel, das Unternehmen tragfähig zu halten, sondern sein starkes Wachstum zu ermöglichen.“ Bisher sind die Einnahmen aus den drei kostenpflichtige Varianten etwa gleich hoch. Erklärtermaßen sollen vor allem die Umsätze mit Unternehmen, also den Varianten Organization und Enterprise, stark steigen. Und Europa ist mit seiner starken Open-Source-Tradition ins Auge gerückt.

Mehr Freiheiten für Entwickler

Der „Future of Open Source Survey“ hat kürzlich ergeben, dass inzwischen deutlich mehr Unternehmen es ihren Entwicklern gestatten, an Open-Source-Projekten mitzuarbeiten. Das hat man auch bei Github erfreut registriert. „Die Firmen können es einfach nicht verhindern“, so Srivastava. „Die Entwickler verlangen es. Das ist die Art, wie sie lernen, wie sie sich fortbilden.“ Das macht bei Github die kostenlose Open-Source- und die Studentenvariante so wichtig. Srivastava:

„Die Entwicker verwenden in ihren Unternehmen Github als Enterprise-Produkt, weil sie es zuvor individuell, persönlich kennengelernt haben.“

Die Managerin betont die guten Beziehungen zu den Git-Entwicklern. Zwei von ihnen sind bei Github angestellt.

Es gibt also Grund für die Hoffnung, dass Github nicht die Fehler anderer kommerzieller Vorgänger wiederholt, sondern eine verlässliche Plattform für Open-Source-Projekte bleibt.

*Ludger Schmitz ist freiberuflicher Journalist in Kelheim.