Foto: OpenStack Foundation

Foto: OpenStack Foundation

Anfang April, zwei Wochen vor dem Summit, hatte die OpenStack Foundation „Mitaka“ freigegeben, die 13. Version von OpenStack. Im Gegensatz zu allen Vorversionen bringt sie nicht „nur“ einen Berg neuer Funktionen und Module. Diese technischen Verbesserungen gibt es auch, und sie sind keineswegs unwichtig. Sie beziehen sich vor allem auf die Skalierbarkeit der Kernmodule, bringen ansonsten aber eher viel bei den sie umgebenden Modulen im „Big Tent“. Das Hauptaugenmerk galt diesmal vor allem der Stabilität und der Usability. Es erfordert jetzt deutlich weniger Aufwand, bestimmte häufige Schritte durchzuführen.

Damit begegnet die OpenStack-Community einer Kritik, die oft zu vernehmen ist: OpenStack sei so komplex, dass seine Nutzung zu viele hoch qualifizierte Spezialisten braucht, deren Mangel sich mit jeder neuen Version weiter verschärft. Diese Problematik ist einer der wenigen aber deutliche negative Befund einer Anwenderumfrage, welche die Foundation zum OpenStack Summit in Austin veröffentlicht hat. Komplexität und Mangel an Fachkräften sind die Hauptkritik unter den Anwendern.

Sonst aber stellt diese Anwenderumfrage (PDF-Download) OpenStack ein erstklassiges Zeugnis aus. Die sehr detailreiche Analyse konstatiert eine hohe Zufriedenheit der Anwender. Sie wollen demnach vor allem Standardisierung ihrer IT auf einer offenen Plattform, Vermeidung von Vendor Lock-in, schnellere Anwendungsentwicklung, höhere Effizienz des IT-Betriebs und entsprechend niedrigere Kosten.

Offenbar gelingt das trotz der Komplexität von OpenStack.

Denn einer der wichtigsten Beunde ist, dass OpenStack Realität wird. Vor zwei Jahren waren nach bei zwei Dritteln der Befragten die OpenStack-Umgebungen in der Phase Proof of Concept oder Tests und ein Drittel realisiert. Jetzt hingegen sind zwei Drittel der OpenStack-Umgebungen in Produktion.. Entsprechend widerspiegeln auch die Bewertungen von OpenStack deutlich stärker positive Erfahrungen aus der Anwendungspraxis.

Bemerkenswert daran ist auch, dass OpenStack und damit offene Private Clouds offenkundig nicht nur etwas für Großunternehmen sind, die ohnehin riesige Rechenzentren betreiben. 31 Prozent der Anwender kommen aus Firmen mit mehr als 10.000 Mitarbeitern. 23 Prozent haben 1000 bis 9.999 Angestellte. Aber 35 Prozent der Anwender sind Firmen mit zehn bis 999 Mitarbeitern.

Es ist wohl davon auszugehen, dass sich die „Demokratisierung“ von OpenStack fortsetzen wird.

Zum einen hat die Foundation beim Summit eine Bildungsinitiative begründet. Darin sind die Anforderungen für das Zertifikat „Certified OpenStack Administrator“ (COA) festgelegt. Die Stiftung will die Lehrgänge nicht nur in Eigenregie durchführen. Die COA-Vorgaben dürften die bisher herstellereigenen OpenStack-Kurse ablösen; denn unter anderen haben HPE, Mirantis, Rackspace, Suse, Ubuntu und Linux Academy bekundet, künftig COA-Ausbildung anzubieten. Red Hat bietet eine „Learning Subscription“ an, die eine kontinuierliche Weiterbildung in Sachen OpenStack ermöglichen soll. Das Unternehmen ist nach eigenen Angaben mit mehr als 10.000 Schulungsteilnehmern allein im Jahr 2015 weltgrößter OpenStack-Ausbilder.


Etwas Sorgen macht dem Autor die sich verschärfende, deutlich sichtbare Konkurrenz zwischen Red Hat und Mirantis, zwei der wichtigsten Code-Beiträger für OpenStack. Mirantis hatte es kurz vor dem Summit geschafft, das große OpenStack-Projekt bei der VW Group gegen Red Hat zu gewinnen, ein Prestigeerfolg auch für OpenStack. Entsprechend durfte Mario Müller, Chef der IT Infrastructure der VW Gruppe Zur Eröffnung des Austin Summits eine Keynote-Rede halten. Außerdem bekam AT&T diese Ehre, ebenfalls ein Mirantis-Anwender. Und erst nach Mirantis-Chef Boris Renski war Red Hat CTO Chris Wright dran. Der holte dann gleich einen Vertreter von Verizon auf die Bühne. Dort realisiert Red Hat gerade ein gewaltiges OpenStack-Projekt, dass jetzt schon das bisher größte Projekt für Network Function Virtualization (NFV) ist.


Darüber hinaus bombardierte die Red Hat-PR die Presse in den Summit-Tagen geradezu mit Meldungen. Darunter stechen zwei illustre Neuanwender der Red Hat OpenStack Plattform hervor: die Universität Cambridge und die Jet Propulsion Labs der NASA. Mit beiden Partnern will Red Hat OpenStack vor allem für High Performance Computing verbessern.

Das wären allesamt einfach nur tolle Meldungen für OpenStack, wenn sie nicht so offenkundig von Konkurrenz sprächen. Das Klima zwischen Red Hat und Mirantis ist herzlich giftig. Red Hat war finanziell an der Gründung von Mirantis beteiligt, hat nach Presseberichten aber erklärt, Red Hat Enterprise Linux nicht für Mirantis OpenStack zu unterstützen. Umgekehrt attackiert Mirantis – Firmenmotto: Pure Play OpenStack, soviel wie: nichts als OpenStack – auf seiner Website besonders heftig Red Hat wegen seines OpenStack-Geschäfts: Für RedHats OpenStack gibt es nur in Verbindung mit weiteren Red-Hat-Produkten Support, also sind hier weitere Lizenzen über OpenStack hinaus erforderlich.

Dies ist auch bei anderen OpenStack-Anbietern der Fall. Bei HPE reicht sie beispielsweise bis zu Hardware. Zur Begründung heißt es natürlich, man wolle halt nicht für die Schwierigkeiten in die Pflicht genommen werden, die in anderen Produkten ihre Ursache haben. Doch diese Praxis ist Anbietern wie Mirantis ebenso wie Open-Source-Puristen ein Dorn im Auge, denn sie führt zu Herstellerabhängigkeiten, die Open Source eben verhindern soll.


Auf jeden Fall ist der Konflikt für die Open-Cloud-Sache schädlich, weil proprietäre Anbieter auf ihn verweisen werden, um Anwender zu verunsichern. Der Konflikt ist ohnehin überflüssig. Denn die OpenStack-Anwenderumfrage hat gezeigt, das der Markt für Open Cloud Computing eigentlich riesig ist. So groß, dass es für jeden Anbieter für mehr als einen kleinen Happen vom großen Kuchen reicht.