Diese Deutschen sind aber auch ein störrisches Völkchen. Dass Cloud Computing allerlei Vorteile mit sich bringt, bestreiten die IT-Verantwortlichen nicht. Sie gefallen sich allerdings als Sicherheitsbedenkenträger und schieben einen Amerikaner vor, der sich nach Russland abgesetzt hat. In den USA seien Cloud-Daten nicht genügend vor fremden, nämlich staatlichen Zugriffen geschützt. Der Schutz persönlicher Daten sei damit nicht gewährleistet, sagt sogar der Europäische Gerichtshof und tritt das Safe-Harbour-Abkommen in die Mülltonne. Andere befürchten Industriespionage.

Und was ist die Folge?

US-amerikanische Cloud-Anbieter müssen extra für deutsche Kunden ihre Cloud-Angebote in Rechenzentren auf deutschem Boden betreiben. Das ist natürlich teurer, weil die RZs in den USA nicht noch besser skalieren können. Also muss auch Microsoft auf den Cloud-Dienst aus Deutschland einen Extra-Obolus erheben. Jawohl, Microsoft wird ab Mitte nächsten Jahres zwar zwei Cloud-Rechenzentren in Frankfurt und Magdeburg einrichten, sie aber nicht selbst betrieben. Das macht als Treuhänder die Telekom-Tochter T-Systems.
Alle werden auch nicht in den Luxus kommen, „dass die Kundendaten in Deutschland bleiben“, wie Microsoft-Chef Satya Nadella versichert hat. Vielmehr gilt das Angebot nur für „Organisationen und Unternehmen in datensensiblen Bereichen wie dem öffentlichen Sektor, dem Finanz- oder Gesundheitssektor“, so Microsoft laut „Spiegel Online“. Microsoft ist der erste US-Cloud-Anbieter mit der Treuhand-Konstruktion. Amazons deutsche Rechenzentren haben die nicht. Sie soll dagegen vorbeugen, dass auch die ausländischen Töchter von US-Unternehmen Daten aus dem Ausland den US-Behörden zugänglich machen müssen. Ob die Konstruktion wirkt, ist die Frage; T-Systems wird der US-Regierung schon zeigen, was ’ne Harke ist.

Das Microsoft nun eine deutsche Cloud aufzieht, wurde nicht einmal eineinhalb Jahre nach einem Vorgang publik, der in der deutschen Open-Source-Szene für Gelächter und Unmut gesorgt hat. Damals platzten die Verhandlungen zur Vereinigung von Open Source Business Alliance und der OSBF (heute openBIT). Die OSBF hatte verlangt, dass sich die OSB Alliance von ihrer Working Group Deutsche Wolke trennt. Die Argumentation von Richard Seibt, damals OSBF-Chef: Der Titel sei „markentechnisch falsch“, „international kontraproduktiv“ und leiste „nationalistischen Interpretationen Vorschub“.

Da hat Microsoft, einst wichtiger Sponsor der OSBF, dem Richard Seibt, heute Chef von openBIT, jetzt aber übel eingeschenkt. Demnächst stehen die Microsoft-Sales-Leute mit „deutsch“ auf den Lippen bei den IT-Verantwortlichen in Unternehmen und Behörden auf dem Teppich. Vor Jahr und Tag hat sich der Blogger dieser Zeilen hier noch aufgeregt, heute ist er ROFL.

Im Ernst: Microsoft bekräftigt die Argumentation der inzwischen in Cloud Computing umbenannten Working Group der OSB Alliance und der Open Cloud Alliance: Deutsche Anwender sollten unbedingt darauf achten, dass die Verarbeitung und die Speicherung von Daten in der Cloud in Rechenzentren auf deutschen Boden, damit nach deutschem Datenschutzrecht, stattfindet und für Verträge deutsches Recht gilt.

*Ludger Schmitz ist freiberuflicher Journalist in Kelheim