Foto: Ricardo Resende, Unsplash, CC0

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Die OpenStack Foundation hat einen Weg eingeschlagen, den manche für gefährlich halten. Bei ihrem Frühjahrs-Summit in Vancouver erschien erstmals nicht mehr „Open Cloud Computing“ als das Ziel, sondern der Begriff „Open Infrastructure“. Seit dem Herbst-Summit vor wenigen Wochen in Berlin ist das jetzt die offizielle Ausrichtung. Da haben schon einige Beobachter gestutzt: Ist das nicht Sache der Linux Foundation?

Die Desorientierung begann schon etwas früher, als Jonathan Bryce, President der OpenStack Foundation (OSF), in einem Interview „Helm“ als ein innovatives Projekt der OSF darstellte. Helm ist allerdings ein Projekt der Cloud Native Computing Foundation, die wiederum in Projekt der Linux Foundation ist. In Vancouver standen dann aber eher die OSF-Projekte „Kata Containers“ (eine Mischung aus Container- und Virtualisierungstechnik) und „Zuul“ (CI/CD) im Vordergrund. Beide Techniken brauchen nicht unbedingt OpenStack als Grundlage. Außerdem wurden die Edge/IoT-Projekte „Airship“ und „StarlingX“ aus der Taufe gehoben, deren Code upstream in das „Akraino“-Edge-Projekt einfließt. Das wiederum steht unter dem Schirm der Linux Foundation. Soweit noch alles klar?

Sorry, es kommt noch dicker: Bisher war von drei Foundations die Rede: OpenStack Foundation mit 7 Core- und 47 „Confirmed Projects“, Linux Foundation (LF) mit 89 Projekten und Cloud Native Computing Foundation (CNCF) mit 32 Projekten. Es kommt noch die Apache Software Foundation (ASF) hinzu, in der es fast 200 Projekte gibt. Hoffentlich habe ich mich nicht verzählt. Und die Eclipse Foundation lassen wir an dieser Stelle mal außen vor. Die Free Software Foundation ist ohnehin ein Sonderfall. An Foundations haben wir uns in der Open-Source-Welt gewöhnt. Ist es nicht toll, dass es so viele Open-Source-Projekte gibt?

Schaut man jedoch einmal in die Foundations hinein, wird es schnell unübersichtlich. Als erstes fällt auf, dass in der aktuellen „OpenStack Map“ der OSF weder Kata Containers, noch Zuul noch, Airship noch StarlingX auftauchen, wohl aber in einer Liste „Projects & Communities at OSF“. Das hat damit zu tun, dass die genannte vier Projekte in der OSF laufen, ansonsten aber unabhängig sind (bitte nicht mich fragen, was das in der Praxis heißt).

Bleiben wir nur beim Thema Cloud Computing. Da sind nämlich noch mehr aktiv. In der ASF gibt es ein Projekt „CloudStack“. Und unter dem Dach der Linux Foundation hat nicht nur die CNCF Unterschlupf gefunden, sondern auch noch die Cloud Foundry (CF), die ihrerseits noch einmal 18 Projekte aufführt. Alles addiert macht das 105 Open-Source-Projekte zum Thema Cloud Computing.

Angenommen, ein Entwickler möchte wöchentlich ein paar Stunden seiner Freizeit für Open-Source-Cloud-Computing beitragen. Er hätte zunächst ein paar Wochen damit zu tun, herauszufinden, wo seine speziellen Kenntnisse denn besonders hilfreich wären. Das ist allerdings ein blöder Einwand, denn so läuft das nicht bei Open Source. In Wirklichkeit stellt der Entwickler in einer ganz bestimmten IT-Umgebung ein bestimmtes Defizit an Open Source fest, was seine Orientierung bestimmt und a priori die Projektauswahl erheblich, nämlich auf kein halbes Dutzend reduziert.

Komplizierter dürfte es für ein Open-Cloud-geneigtes Anwenderunternehmen sein. Da braucht der IT-Chef lange Vorbereitung und gute Nerven, dem Vorstand die Optionen zu präsentieren. Jedenfalls ist anhand der Informationen von den Websites der Foundations nicht zu erkennen, was welches Projekt macht, wie lebendig es ist, was ihre Projekte exakt können, wie sie mit anderen können, wie reif sie sind etc. Im Cloud Computing ist Open Source sehr angesagt – und entsprechend ist die Zahl der Projekte. Warum sind die überhaupt in mehreren verschiedenen Foundations? Ginge das nicht übersichtlicher? Oder sind meine Fragen nur „typisch deutsch“, ist meine Verwirrung auf meine Abstammung aus einer Beamtenfamilie zurückzuführen?

Schier unglaublich scheint mir, dass die Vielzahl der Projekte und ihre organisatorische Aufhängung nicht zu Rivalitäten und Eifersüchteleien führen soll. Jedenfalls erklären alle Foundations ganz entschieden, dass es da keine Probleme, keine Rivalitäten gäbe. Noch mehr: „Wir haben eine hervorragende Kommunikation mit allen Foundations in der Open-Source-Welt“, erklärte OSF-President Jonathan Bryce. Jim Zemlin, Chef der Linux Foundation, und Dan Cohn, Executive Director der CNCF, haben mir fast wörtlich das Gleiche gesagt. Man treffe sich immer wieder, auch mit Brian Behlendorf von der Apache Software Foundation. Ein organisatorisches Dach für die Koordination der Foundations und Projekte brauche es nicht.

Als Journalist bin ich es gewohnt, auf die Zwischentöne zu achten. Und ich hatte bisher nicht den Eindruck, dass einer der Befragten mir „Heile-Welt-Märchen“ erzählt. Also nehme ich an, dass dieser chaotisch anmutende Teil der Open-Source-Welt zumindest bis jetzt noch funktioniert. Open Source kann einen immer wieder verwundern.

*Ludger Schmitz ist freiberuflicher Journalist in Kelheim.