Logo: Open Source Initiative

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An diesem Wochenende begeht die Open Source Business Alliance sozusagen ihren Namenstag. Denn vor 20 Jahren, am 3. Februar 1998, wurde erstmals der Begriff Open Source gebraucht.
Von Ludger Schmitz*

Wer damals schon dabei war, wird sich an „die wilden Jahre“ erinnern, in denen es hoch herging. Die Entwicklung von Linux verlief geradezu rasend. Das Betriebssystem war gerade in größeren IT-Kreisen bekannt geworden und galt bei vielen als kommende Alternative zu Unix, das seinem Ruf als „offenes System“ nicht gerecht geworden war. Aber nur die wenigsten wussten, wie das Entwicklungsmodell funktioniert, welche Prinzipien dahinter standen.

Auf dem vierten Linux-Kongress in Deutschland hielt Eric Raymond im Mai 1997 in Würzburg einen sensationellen Vortrag: „The Cathedral and the Bazaar“. Dies ist eins der wichtigsten, weil folgenschwersten Dokumente der Open-Source-Geschichte. Seine geringste, aber eine der schmerzhaftesten Folgen war, dass der Autor sich wenige Wochen später am Starnberger See den kapitalsten Sonnenbrand seines Lebens zuzog: Fasziniert von dem Dokument hatte er Baden, T-Shirt und Sonnencreme vergessen.

Zu der Zeit** hatte bereits weite Kreise der jungen IT-Bewegung Probleme mit dem Begriff „Freeware“, der bisher ihre Entwicklungen zusammenfasste (siehe Anmerkung unten). Der Ausdruck schaffte ein Problem, dass Bruce Perens (Debian) so beschrieb: „Das Wort ‚frei‘ ist für Unternehmen insofern ein bisschen einschüchternd, indem sie denken, sie könnten kein Geld mit etwas verdienen, was frei ist. Im Englischen gibt es das Problem, dass wir, wenn wir ‚frei‘ sagen, meistens kostenlos meinen…“ Daher war auch „Free Software“ keine Lösung.

Dieser Begriff stammte von Richard Stallman, den 1985 Gründer der Free Software Foundation, Initiator von GNU („GNU is not Unix“) und Ideengeber der GNU GPL (General Public License). Stallman war bekannt dafür, kompromisslos auf dem Wort „free“ zu beharren, denn ihm ging es dabei um „Freiheit“. Wie kompromisslos Stallman diesbezüglich war, bekam auch der Autor im Jahre 2002 zu spüren, als er ein unglückliches Interview mit dem GNU-Vordenker führte: Mehrmals echauffierte sich Stallman, sobald der Begriff Open Source überhaupt fiel, dermaßen, dass der Abbruch des Gesprächs drohte.

Sourceware?

Daher ließen Aktivisten, die nach einer Alternative suchten, Stallman außen vor. Schließlich organisierte Eric Raymond ein Brainstorming in den Räumen seiner Firma VA Research in Mountain View, das am 3. Februar 1998 stattfand. Mit dabei war übrigens per Videoschalte eine Person, die in Deutschland noch sehr bekannt werden sollte: John „Maddog“ Hall. Der Begriff „Sourceware“ fand dabei keine Mehrheit. Laut Raymond war es schließlich Christine Peterson vom Foresight Institute, die „Open Source“ vorschlug, was die Mehrheit fand.

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Eine Folge dieses Beschlusses, war, dass noch im Februar 1998 die Open Source Initiative (OSI) gegründet wurde. Sie registrierte den Begriff Open Source als Warenzeichen und gab eine „Open Source Definition“ heraus. Diese entwickelte der Debian-Vordenker Bruce Perens aus den „Debian Free Software Guidelines“. Sie umfasste damals neun, heute zehn Kriterien, unter deren Voraussetzung eine Software das Etikett Open Source tragen darf.

Open-Source-Lizenzen

Weil die OSI die Markenrechte besitzt, ist die OSI auch die Institution, die für die Anerkennung von Open-Source-Lizenzen zuständig ist. Aktuell sind 83 Lizenzen akzeptiert. Dies hat wiederholt zu Kritik geführt, vor allem weil die Unterschiede für Laien kaum verständlich sind und spezielles juristische Wissen benötigen. Das macht es interessierten Entwicklern, Anwenderunternehmen und Softwarehäusern nicht eben leicht Software als Open Source zu veröffentlichen.

Bekannt wurde der Ausdruck Open Source allerdings erst nach dem „Freeware Summit“ Anfang April 1998. Hier kam es zu einer delikaten Besprechung von

  • Eric Allman (Sendmail),
  • Brian Behlendorf (Apache),
  • Eric Raymond (Fetchmail),
  • Guido van Rossum, (Python),
  • Linus Torvalds (Linux),
  • Paul Vixie (BIND/DNS),
  • Larry Wall (Perl),
  • Phil Zimmerman (PGP)

und anderen bekannten Personen der Szene.

Eine berühmte Persönlichkeit war zu diesem nicht eingeladen: Richard Stallman. Der verstand den neuen Begriff auch als Versuch, die Free Software Foundation zu spalten, und reagierte mit einer mächtigen Polemik: „Die Open-Source-Bewegung ist Eric Raymonds Versuch, Die Bewegung der freien Software von ihrem Hauptanliegen, der Freiheit wegzubringen.“

Stallman war nach einem anderen Zitat aber wohl nicht rundweg negativ eingestellt, wenn „die Verwendung des Begriff ‘Open Source‘ die bestehenden Softwareunternehmen dazu bringen wird, nützliche Programme als freie Software herauszubringen“. Tatsächlich sollten in den folgenden Jahren erst Unternehmen entstehen, die explizit „freie“ Software anbieten. Die große Mehrheit der neuen Firmen spricht bei ihrem Portfolio aber von Open Source. Dies ist nicht unbedingt eine Positionierung, sondern könnte auch daran liegen, dass Open Source in der IT-Landschaft der bekanntere Begriff ist. Von einem Graben zwischen der Free-Software- und der Open-Source-Fraktion kann heute ohnehin nicht mehr die Rede sein.

*Ludger Schmitz ist freiberuflicher Journalist in Kelheim


**Die folgenden Abläufe sind im Wesentlichen zusammengefasst nach diesem Buch: Glyn Moody: Die Software Rebellen. Die Erfolgsstory von Linus Torvalds und Linux.Verlag Moderne Industrie, Augsburg 2001. Alle Zitate aus diesem Buch.