Die Stellenausschreibung ist da. Gesucht wird also eine Person, die zwei Personenkreise ansprechen soll. Das wären zum einen die Ansprache von „technischen Entscheidungsträgern“, also CTOs und CIOs auf Bundes- und Landesebene sowie in größeren Städten. Zum anderen sind das „politische Mandatsträger“, wobei die OSBA den Begriff „Lobbyarbeit“ nicht scheut.

Offenbar hat sich der Open Source-Verein viel vorgenommen. Denn der Bereichsleiter (ich lass das mit der geschlechtsneutralen Sprache jetzt) soll für die Aufgabe 150 Arbeitstage pro Jahr aufwenden. Das entspräche etwas mehr als einer Zwei-Drittel-Stelle, gerechnet auf der Basis von 248 Arbeitstagen in Baden-Württemberg 2017 abzüglich 30 Tagen Urlaub.

Der Job ist ausgeschrieben für einen Freelancer. Da ist die Bezahlung letztlich Verhandlungssache, die OSBA nennt in der Ausschreibung diesbezüglich keine Zahlen. Hier werden aber anscheinend keine kleinen Brötchen gebacken.

Die OSBA steht als Verein zwar auf einer sehr soliden Basis. Aber einen Lobbyisten zu beschäftigen ist weit jenseits der finanziellen Möglichkeiten. Der Vereinsvorstand ist auf eine interessante Lösung gekommen: Vor einiger Zeit bat er die Mitgliedsunternehmen sich mit zweckgebundenen Sonderbeiträgen für mindestens zwei Jahre an der Finanzierung zu beteiligen. Zwei Pakete zu 5000 oder 2500 Euro pro Jahr waren aufgerufen, um ein sehr grob kalkuliertes Budget von 100.000 Euro zu erreichen. Das scheint gelungen zu sein, zumindest einigermaßen.

Schon vor der letzten Mitgliederversammlung (MV) war in der OSBA klar, dass kein Mitglied oder Mitarbeiter eines Mitgliedsunternehmens die Zeit und die Kontakte hat, die Pflege von Beziehungen zu politischen und fachlichen Entscheidungsträgern in Politik und Öffentlicher Verwaltung zu übernehmen. Gleichwohl hat der Verein auf der letzten MV beschlossen, seine Arbeit in dieser Richtung deutlich zu forcieren.

Das ist auch wirklich notwendig, nicht nur wegen der schlechten Nachrichten um einstige Open-Source-Leuchtturmprojekte aus der letzten Zeit. Die IT in der deutschen öffentlichen Verwaltung ist im europäischen Vergleich weit proprietärer aufgestellt als in anderen Ländern Europas. Das gilt nicht nur für das einstige Modethema Linux-Desktops, sondern insgesamt für die Nutzung von Open-Source-Infrastruktur und -Anwendungen. Nicht einmal in den Wahlprogrammen der Bundes- und Landtagsparteien spielt Open Source eine nennenswerte Rolle.

Die wichtigsten Positionen der OSBA sind altbekannt. Open-Source-Software ist ein wirtschaftspolitisches Mittel, um Abhängigkeiten von monopolartigen Softwareanbietern abzubauen. Zugleich ist Open Source ein Hebel, um im Lande eine IT-Industrie stärker zu machen, was gut ist für die allgemeine Nachfrage am Markt, für die fiskalischen Einnahmen von Kommunen bis Bund und für den Arbeitsmarkt. Das ist nicht einmal protektionistisch; Open Source ist fast immer eine internationale Entwicklungsarbeit mit lokalen Folgen.

Die OSBA fordert aus weiteren Vorteilen von Open Source regulatorische Maßnahmen bis hin zu Gesetzesvorgaben: In sicherheitsrelevanten IT-Infrastrukturen muss Open Source proprietäre Software ablösen, um der Gefahr von politischer und wirtschaftlicher Spionage und von Verltzung des Datenschutzes vorzubeugen. Der Code von mit öffentlichen Geldern finanzierter Software muss offen sein. Und der Wert von Open Source muss bei öffentlichen Ausgaben berücksichtigt werden, um nicht proprietäre Software scheinbar wertvoller zu machen.

Mit der Stellenausschreibung zeigt die OSBA, dass sie kein Verein ist, um unter Gleichgesinnten angenehm zu plauschen und Connections zu pflegen. Vielmehr war die Allianz für Open Source-Business bisher schon sehr rege, vor allem getragen durch das große Engagement diverser Mitglieder. Mehr ging nicht, und was jetzt kommt wird noch professioneller ausfallen.

*Ludger Schmitz ist freiberuflicher Journalist in Kelheim.