Bild: Peter Smola, pixelio.de

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Open Source muss nicht gleich die Vorgabe für die IT der öffentlichen Verwaltung sein. Um Kosten zu sparen, Interoperabilität zu vereinfachen und E-Government-Kommunikation mit den Bürgern zu ermöglichen, setzen manche Regierungen auf Vorgaben, die einen ähnlichen Effekt haben. Von Ludger Schmitz*

Deutschland hinkt anderen, auch weniger entwickelten Staaten beim Breitbandausbau oder Open Data ebenso hinterher wie in Sachen Open Source. Die IT-politische Tatenlosigkeit lässt sich diesmal nicht mit der inzwischen üblichen Standardausrede, man möchte nicht Vorgaben der EU vorgreifen, begründen. Die Europäische Kommission ist nämlich deutlich entschiedener auf Open-Source-Kurs, als es die Bundesregierung vermutlich jemals sein wird.

Nach der „Open Source Software Strategy 1014 – 2017“ der EU-Kommission, darf Open Source bei Ausschreibungen und Kaufentscheidungen der EU-Behörden nicht benachteiligt werden, wobei Total Costs of Owndership, Interoperabilität und Nutzung „gut etablierter“ Standards die Kriterien sind. Open Source ist immer „preferred choice and used whenever possible“, wenn ihre Nutzung durch weitere EU-Einrichtungen zu erwarten ist. Die DV-Mitarbeiter in der EU-IT sind explizit ermuntert, Open-Source Software zu verwenden, zu entwickeln und zu veröffentlichen. Übrigens berät das Directorate General for IT (Digit) der EU-Kommission Regierungen in der europäischen Union über den optimalen Einsatz von Open Source.

Entwicklungen in anderen Ländern

Rumänien:

Auf dem Papier ist Rumänien eins der besonders Open-Source-affinen Länder Europas. Bereits 2010 wollte die Regierung eine Open-Source-Strategie entwickeln. Letztlich entstand eine „Digital Agenda 2014 – 2020“. In der ist als Ziel die Verwendung von quelloffener Software und offenen Standards vorgegeben. Open Source sollten nicht nur Behörden-intern entwickelte Programme sein, sondern auch zugekaufte. Ein weiteres Schwergewicht legt die Strategie auf Open-Source-Software in Schulen und Universitäten. Allerdings scheint Korruption die Ansätze der Agenda zu torpedieren.

Großbritannien:

Großbritannien war jahrelang das europäische Schwergewicht, dass sich gegenüber Open Source besonders verschlossen zeigte. Bemerkenswerterweise hat sich das unter der konservativen Regierung entschieden geändert. Denn die Regierung muss dringend sparen und käme ohne offene Standards in der Kommunikation von Behörden mit Bürgern nicht weiter. So war 2014 bekannt geworden, dass die öffentliche Verwaltung jährlich rund 50 Millionen Pfund Lizenzgebühren für MS Office ausgeben muss. Trotz intensiver Lobbyarbeit von Microsoft schrieb die Regierung Mitte 2014 ODF, PDF/a und HTML als Dokumentenstandards für Regierungsbehörden vor.

USA:

Selbst in den USA zielt die Regierung auch offiziell auf eine stärkere Verwendung von Open Source in den Bundesverwaltungen. Die stehen seit Anfang 2013 unter der „Digital Government Strategy“ genannten Weisung aus Washington, Open-Source-Strategien zu entwickeln und umzusetzen. Bewirkt hat das zunächst einmal nicht viel. Vorreiter sind das Verteidigungsministerium und dessen Forschungsabteilung DARPA, die auch schon in den 80er Jahren Pioniere des einstigen Unix-Trends waren. Zentrum ihrer jetzigen Open-Source-Initiativen ist die Organisation „Military Open Source Software“ und deren Website mil.oss.org.

Aufsehen erregt hat im März 2016 das Office of Management and Budget (OMB) des Weißen Hauses. Das legte den „Second Open Government National Action Plan“ der Obama-Regierung zur öffentlichen Diskussion vor. Es geht dabei keineswegs nur um Open Data oder Open Government. Der Aktionsplan sieht vielmehr explizit zwei Aspekte vor:

  • Eine für eine Regierungsbehörde entwickelte Software soll von anderen Behörden ebenfalls verwendet werden.
  • Ein Teil dieser Programme soll als Open Source der Öffentlichkeit verfügbar gemacht werden.

Deutschland hängt zurück

Im Gesamtvergleich bleibt festzustellen, dass Deutschlands IT-Politik in Sachen Open Source oder auch nur in puncto offener Standards im Vergleich zu anderen europäischen Ländern, zu EU und zu den USA zurück hängt. Selbst wenn man berücksichtigt, dass sich in weiteren, hier nicht genannten Ländern Europas die Nutzung von Open-Source-Software auf einzelne Behörden beschränkt, schneidet Deutschland nicht einmal mittelmäßig ab. Die Situation ähnelt der beim Breitbandausbau, wo Deutschland auf Platz 9 liegt, und der bei Open Data, wo sich die Bundesregierung gern beweihräuchert: Nach dem letzten Open Data Barometer von 2015 liegt Deutschland auf Platz 11, in Sachen Wirkung sogar unter ferner liefen.

Es scheint notwendig zu sein, dass die verschiedenen nationalen Open-Source-Interessensgruppen mehr Erfahrungen austauschen und gemeinsam Druck machen. Es gilt, positive Erfahrungen auszutauschen, die Grenzen des Erreichten zu erkennen und gemeinsame Strategien zu entwickeln.

*Ludger Schmitz ist freiberuflicher Journalist in Kelheim.