Foto: Wikimedia, Dontworry, CC BY 3.0

Foto: Wikimedia, Dontworry, CC BY 3.0: Der neue Handelssaal der Frankfurter Börse

Chen-Yu Lin von Sernet hat das Verhältnis der 30 führenden Unternehmen im Deutschen Aktien Index zu Open Source analysiert und dabei bestätigt gefunden, dass sie allesamt Anwender quelloffener Software sind. Genau genommen lässt sich laut Lin zwischen drei Typen unterscheiden: aktive Förderer sowie aktive Nutzer und stille Anwender. Aktivität muss nicht darin bestehen, Code zu Projekten beizutragen oder Initiativen finanziell zu sponsern. So gibt es bei der Deutschen Telekom AG unter der Creative-Commons-Lizenz ein allgemein zugängliches „Open Source License Compendium“ (OSLiC). Die „nützliche Handreichung für Wissensweitergabe“, so Lin, „hilft wiederum anderen beim Einsatz und damit der Verbreitung von Open-Source-Software“.

Das Interessante am Befund von Sernet ist der Wandel, den die Nutzung von Open Source vollzogen hat. Um die Jahrhundertwende fasste Open Source zunächst bei kleinen und mittelständischen Unternehmen Fuß. Hier gab es engagierte und aufgeschlossene IT-Verantwortliche, die einerseits relativ viel Entscheidungsfreiheit und -macht hatten, aber andererseits mit relativ geringen Budgets die lokale IT-Umgebung modernisieren sollten.

Lizenzkosten spielten damals eine größere Rolle als heute. Deutlich wurde dabei aber auch, dass offene und herstellerneutral standardisierte Schnittstellen in der Praxis der IT für ihre künftige Entwicklung Freiheiten lässt. Open Source ist damit ein strategischer Faktor. Wo der Source Code offen ist, gibt es keine Barrieren für eigene oder Auftragsentwicklung. Gleichzeitig hat sich die Erkenntnis durchgesetzt, dass es „no security with obscurity“ gibt. Open Source fördert IT-Sicherheit.

Meiner Meinung sind strategische Flexibilität und Sicherheit die Momente, die Open-Source-Software am besten den Weg in die Großunternehmen geebnet haben. Hier geraten die finanzielle Grenzen nicht so schnell in Reibung mit den Preisforderungen proprietärer Anbieter. Aber hier haben IT-Projekte oft riesige Dimensionen. Ergo sollte die Perspektive auch langfristig stimmen und nicht vom Wohl und Wehe eines Anbieters bestimmt sein.

Aber mal auf dem Teppich bleiben

Es ist nun keineswegs so, als sei Open-Source-Software schon massenhaft bei den Großunternehmen verbreitet, der Zug der Zeit, auf den alles aufspringt. Open Source ist dort angekommen, aber die IT-Umgebungen werden beherrscht von alten (aber deswegen nicht schlechten) Anwendungen und proprietärer Software. Bestehende Verhältnisse werden nicht in Frage gestellt, je mehr Mitarbeiter davon betroffen sein könnten, desto weniger. Entsprechend sehen die Ausschreibungen aus, wenn es etwas zu erneuern gibt.

„Es wird Zeit, dass bei Vergabe und Beschaffung mehr möglich gemacht wird“, bekräftigt Sernet-Chef Loxen. Das ist eine alte Forderung der Open Source Business Alliance. Loxen: „Chancengleichheit – das wäre ein Anfang!“ Das richtet sich nicht nur an die Wirtschaft. Die Politik ist gefordert, die Stärke der Open-Source-Anbieter in Deutschland auch zu nutzen. Sie sollte sich endlich in der IT der Öffentlichen Verwaltung die Vorteile von Open-Source-Software zu Nutze machen, sie wenigsten gleichberechtigt behandeln.

*Ludger Schmitz ist freiberuflicher Journalist in Kelheim.