Nicht nur neue Technologien zwingen Schulen dazu, sich zu transformieren. Es ist der Schüler und seine veränderten Erwartungen, die eine Neuaufstellung erfordern. (Ein Gastbeitrag von Tina Buhr)

Was bedeutet die Digitale Transformation? Wer sollte sie in der Schule verantworten? Welche Auswirkungen hat sie? Viele Diskussionen haben sich in den vergangenen Monaten und Jahren am Begriff der „Digitalen Transformation“ entzündet. Sie alle gehen jedoch am Kern des Problems vorbei: Es fehlt der Mensch als entscheidender Faktor – denn er ist es, der den Wandel antreibt. Deswegen muss für uns die Digitale Transformation immer eine „Schüler Digital Transformation“ sein.

Grundlage dieser Entwicklung ist die Digitalisierung. Sie hat den Menschen neue Möglichkeiten gegeben, mit Wissen zu interagieren. Schüler interessieren sich nicht nur für Themen, sondern können durch Reaktionen – z.B. in Social Media auch Einfluss auf deren öffentliche Wahrnehmung nehmen. Mit diesen neuen Möglichkeiten gehen neue Erwartungen und ein verändertes Machtverhältnis einher. Das müssen Bildungsverantwortliche erkennen und sich darauf einstellen.

Was erwarten Schüler?

Wer durch seine Meinung das Bild prägen kann, das andere Menschen von einer Marke haben, stellt höhere Ansprüche daran, wie eine Marke – in diesem Fall die Schule und die Lehrer – mit ihm kommunizieren. Damit sich Schüler für Inhalte interessieren, müssen diese personalisiert sein und nicht nur zu ihrer aktuellen Lebenssituation passen, sondern ihnen im jeweiligen Moment einen Mehrwert bieten und den Alltag bereichern. Relevanz lautet hier das Stichwort.

Doch nicht nur im Bezug auf den Content fordern die Schüler (und Eltern) die Lehrer heraus. Sie erwarten Antworten in quasi Echtzeit und zwingen den Lehrenden in der Kommunikation auch ein bisher ungekanntes Tempo auf. Aspekte, Meinungen, Inhalte, deren Vorteile und -nachteile werden zudem öffentlich diskutiert und kommentiert.

Diesem veränderten Machtgefüge muss die Tonalität des Dialogs Rechnung tragen. Ein respektvoller, vorurteilsfreier und mehr gleichberechtigter Umgang ist hier der Maßstab, den die meisten Schüler im Kontakt mit Lehrenden wünschen. Nur wer von Anfang an authentisch auf Augenhöhe mit festen Standpunkten interagiert, kann in der digitalisierten Welt dauerhaft überzeugen. Um das zu erreichen, ist eine neue Art der Transformation nötig, die den Schüler als Treiber der notwendigen Veränderung erkennt und sich an ihm ausrichtet.

Wir sind der Meinung: Bildungsverantwortliche müssen endlich die Herausforderung annehmen

Aus der Unternehmenswelt übertragen: Was müssen Schulen ihren Kunden bieten, um zu überleben und in Zukunft Erfolg zu haben? Sie müssen den Schüler – jeden einzelnen – in den Mittelpunkt stellen und Erlebnisse schaffen, die ihm als Wow-Momente in Erinnerung bleiben und ihn an sich zu binden. Ein gutes Produkt anzubieten genügt dafür nicht mehr.

Klingt anspruchsvoll? Ist es auch! Doch Schulen, die in Zukunft für ihre Schüler relevant sein möchten, haben keine andere Wahl, als sich der Herausforderung der „Human Digital Transformation“ zu stellen und ihre Organisation danach auszurichten. Schließlich sind es nicht nur neue technische Möglichkeiten, sondern die Menschen, die mit ihrer neuen Macht und ihren gestiegenen Erwartungen die Transformation fordern – und mit ihrem Verhalten die Welt verändern.

(Eröffnungsrede von Tina Buhr, stvtr. Sprecherin der WG Education im Rahmen des Education Days 2016 in der Landesakademie für Lehrerfortbildung in Esslingen a.N. am 31.05.2016) #EduDay16